Alltag

Derzeit wird es kaum jemanden geben, dessen Alltag sich nicht verändert hätte. Müssig zu erzählen, was alles im eigenen Leben anders ist. Geht’s doch einfach jedem so.

Mich hat es schon immer befremdlich zurückgelassen, wenn mir Menschen von ihrem schweren Schicksal berichteten, von dem sie im Grunde hätten wissen müssen, dass ich mit ihnen das Selbe teile. Warum sollte es ihnen anders oder gar schlechter gehen als mir?

So ist die Isolation für uns alle sicher schwer zu ertragen.

Ich selbst hätte nie geglaubt, wie schwer es sein könnte. Ich bin ja ohnehin viel mit meinen Mann zusammen. Wir leben und arbeiten miteinander. Daher haben wir uns ohnehin meist jeden Tag. Das wird nur selten unterbrochen. Aber doch gab es Gelegenheiten, in denen jeder seinen eigenen Weg ging. Sich mit Freunden traf.

Das alles ist derzeit vorbei. Seit Wochen sehen ich quasi nur noch meinen Mann. Ich bin so dankbar, wenn ich auf der Straße Menschen sehe. Oder wenn ich mich mit gebührenden Abstand mit Nachbarn unterhalten kann.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es den armen Menschen in Italien, Spanien oder Frankreich ergeht. Eingesperrt in ihrer Wohnung. Glücklich, wer in diesen Zeiten auf dem Land oder in einem Haus mit Garten leben kann.

Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Möglichkeit haben, da wir uns ja um den Garten der Schwiegermutter kümmern müssen.

Für sie ist es auch sehr schwer geworden. Sie ist ja nun wirklich eingesperrt. Wobei die Bewohnter noch in Begleitung – also ein Pfleger und ein Bewohner – die Anlage verlassen dürfen, um sich die Beine zu vertreten und an die frische Luft zu kommen.

Dennoch, es bleibt schlimm. Für uns alle.

Ich hoffe, ihr ertragt die Isolation und dreht in Gedanken nicht schon längst durch.

Bleibt bitte vor allem gesund!

Beziehungsflaute

„Beim Arbeiten an der Beziehung gilt:
erst das Ich, dann das Du und dann die Liebe.“
Daniela Bernhard, Paartherapeutin

Dem muss ich vehement widersprechen!

Selbstverständlich sollte sich jeder, der in einer Beziehung lebt, niemals aufgeben. Aber wer grundsätzlich erstmal nur an sich denkt, und dann an den Partner und dann erst an die Liebe, der hat meines Erachtens schon verloren.

Wenn ich mir vorstelle, mein Mann würde in erster Linie an sich und dann an mich denken, würde mir dies ein Gefühl von Einsamkeit vermitteln. Ich bin ihm öffentlich nicht mehr so viel Wert.

Eine Beziehung sollte doch grundsätzlich ein Wir sein. Wer lieber als Ich lebt, der sollte besser Single bleiben.

Wer glaubt, dass ein Wir das Ich tötet, sollte daran denken, dass ein Wir immer auch das Ich einbezieht.

Mein Rezept für eine glückliche Beziehung ist vielmehr daran zu denken, was das für ein wundervoller Moment war, als aus einem Ich ein Wir wurde.

Letzten Endes ist es doch genau das, was wir wollen. Wir wollen nicht mehr allein sein. Wollen auch sagen können: „Wir kommen gern zu der Party.“

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie schlimm es für mich war, als mein Mann, damals waren wir noch nicht verheiratet, grundsätzlich von Ich sprach.

„Ich werde später dieses oder jenes tun.“

Das hat mich sehr verletzt. Zeigte es mir, dass er nicht an ein Wir glaubte. Ich kam in seiner Welt nicht vor. Spielte nur die zweite Geige. Erst kam eben das Ich für ihn.

Das kann doch niemals gut für eine Beziehung sein.

Erst als ich die Problematik mit ihm besprach und ihm erklärte, wie sehr mich das verletzt, wurden wir ein Wir.

Als ich vor Jahren mein Kunst-Projekt startete, war mir die Tragweite und was sich daraus ergeben würde, gar nicht bewusst.

Ich wollte nichts weiter, als Fotos machen. Hatte aber schon die Idee, dass Fotos allein nicht Aussagekräftig genug wären. Daher sprach ich zuvor mit den Paaren. Ließ mir von ihnen erklären, wie sie sich kennenlernten.

Obwohl die Paare wusste, worum es im Grunde bei meinem Projekt ging, war die Frage nach dem Anfang immer überraschend. Viele Paare, wenn sie nicht erst gerade kurz zusammen waren, mussten überlegen, wie das damals eigentlich war.

Ich konnte sehen, wie sich ihre Ausstrahlung veränderte. Die Augen glänzten. Das Gesicht erhellte sich. Die gesamte Körperhaltung wurde eine andere.

Das war der Moment für das Foto.

Am Ende gingen glückliche Paare nach Hause.
Ich hatte sie in ihre Vergangenheit katapultiert, die sie im Alltag vollkommen vergessen hatten.

Viele Paare lassen sich viel zu oft von alltäglichen Dingen packen. Sie nehmen sich nicht mehr die Zeit daran zu denken, was für ein Zauber der Augenblick war, als man erkannte, dass aus dem Ich ein Wir wurde.

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Langeweile

Kennt ihr dieses Gefühl von lähmender Langeweile? Wenn ihr den Eindruck habt, sollte euer Leben noch einen Tag in dem immer gleichen Trott ablaufen, dann fallt ihr einfach Tod um?

Nicht, dass mich gerade dieses Gefühl überfallen hätte. Das hatte ich zum Glück schon lange nicht mehr, aber heute morgen musste ich darüber nachdenken, warum es so ist und warum uns diese Langeweile von Zeit zu Zeit überfällt und uns lähmt.

Wie ein Roboter steht man auf, macht sich für den Tag bereit, von dem man bereits am Morgen weiß, dass er nichts Außergewöhnliches bereit halten wird. Am Abend geht man dann mit der Gewissheit ins Bett, dass der nächste Tag wieder genau den gleichen Trott vorrätig hat. Selbst die Freizeitgestaltung ist immer die Gleiche.

Als ich vor Jahren noch in einem Fitness-Studio angemeldet war, hatte ich genau dieses Gefühl. Ich ging ausschließlich in Kurse, die mir durchaus Spaß machten. Aber sie waren eben immer an den gleichen Tagen zur gleichen Zeit. Woche für Woche. Monat um Monat. Und jedes Jahr gleich. Irgendwann dachte ich, dass ich diese Langeweile nicht länger ertrage. Mein Leben war komplett vorbestimmt. Nichts unvorhergesehenes passierte. Selbst Treffen mit meinen Freunden liefen nach dem gleichen Schema ab. Man hatte feste Tage, an denen man sich traf.

Dieses Muster zu durchbrechen fällt einem besonders schwer, wenn die Langeweile von einem Besitz ergriffen hat. Diese Langeweile macht uns bewegungsunfähig. Wie das Kaninchen vor der Schlange, die stocksteif ausharrt und hofft, somit dem nahenden Tod zu entgehen.

Aber irgendwie schaffen wir es nicht nach der Bedrohung uns wieder locker flockig davon zu machen. Wir bleiben einfach sitzen. Noch schlimmer: wir denken.

Wir kommen ins Grübeln, was in unserem Leben schief gelaufen ist? Wo und an welcher Stelle genau haben wir vergessen abzubiegen, um nicht in der Sackgasse zu landen, in der wir uns nun befinden?

Selbst wenn wir drauf kommen würden, fällt uns auf, dass wir das Rad der Zeit nicht zurückdrehen können, was die Situation noch schlimmer macht und wir noch frustrierter sind als zuvor.

Ein Teufelskreis.

Denn man nur mit Gewalt durchbrechen kann.

Manchmal hat man Glück und von außen wirkt etwas auf uns ein, was uns aus dieser Lethargie herausreißt.

Ich arbeite, seitdem ich es geschafft habe mich aus diesem Sumpf des eigenen Elends zu befreien, proaktiv dagegen an.
Was die Arbeit angeht, funktioniert das eher weniger. Wir sind zu sehr auf Gegebenheiten angewiesen, die wir nicht beeinflussen können. Umso mehr muss man sich Freiräume in der Freizeit schaffen.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich meinem Mann verständlich machen konnte, dass er mich auf KEINEN Fall in der Zeit anruft, wenn ich jogge. NICHTS kann so wichtig sein, dass er mich in dieser einen Stunde mit eine Problem nervt. Einmal fragte er mich nach einem Termin, er hatte vergessen, wann das war.

„Überraschenderweise habe ich jetzt beim Joggen grad keinen Computer zur Hand, in dem ich diesen Termin nachschlagen könnte“, schrie ich ins Telefon und legte genervt auf.

Seitdem ich jogge schaffe ich es tatsächlich den Trott der Langeweile zu unterbrechen. Wahrscheinlich weil ich nie zum gleichen Zeitpunkt laufe, sondern immer nur dann, wenn es zeitlich passt. Was derzeit wirklich zu kurz kommt. Ich aber ja auch noch immer auf der Suche nach meiner Fitness bin.

Seltsame Zeit

Angesichts dem, was gerade in der Welt passiert, fällt es mir schwer meinen Alltag zu leben. Manchmal möchte ich mich einfach nur verkriechen und nichts mehr von all dem hören oder sehen.
Natürlich weiß ich, dass es keine Lösung ist. Ich kann mich den Nachrichten zwar entziehen, aber die Probleme existieren weiter.

Dann denke ich, was geht mich das alles an? Betrifft es tatsächlich mein Leben? Ändert sich etwas, was mich direkt beeinflussen wird?

Ich versuche die Ängste der Menschen zu verstehen, die sich vor Veränderungen so sehr fürchten. Ich persönlich finde Veränderungen gut. Es ist das Salz der Suppe unseres Lebens. Ohne Veränderungen würden wir noch immer in Höhlen um ein wärmendes Lagerfeuer sitzen und früh sterben.

Natürlich gibt es Veränderungen, die nicht gut waren und auch nicht gut sind. Hier gilt es zu versuchen, das Beste daraus zu machen und den positiven Aspekt herauszuarbeiten. Es hilft in keiner Weise, sich zu verschließen und zu jammern, wie furchtbar das alles doch ist.

Wenn eine Veränderung tatsächlich das eigene Leben im negativen Sinn beeinflusst, dann muss man dagegen steuern und etwas unternehmen. Hierbei ist es notwendig zu analysieren, in wie weit tatsächlich das eigene Leben verändert wird. Was bedeutet es für mich persönlich?

Muss ich den Arbeitsplatz wechseln? Muss ich umziehen? Kann ich nicht mehr in den Urlaub fahren? Muss ich mein Auto verkaufen?  Wird mein Alltag gravierend verändert, sodass ich mein Leben nicht mehr in gewohnter Weise leben kann?

Ich für meinen Teil kann alle diese Fragen mit nein beantworten. Bisher wurde mein Leben in absolut KEINER Weise von dem Elend der Welt beeinflusst.

Generell kann man ja ohnehin meist erst hinterher feststellen, ob die Veränderung Auswirkungen auf das eigene Leben hatte.

Da ich das große Glück habe in Deutschland geboren worden zu sein und hier leben darf, weiß ich, das ich, mehr als die meisten Menschen auf der Welt, privilegiert bin, ohne, dass ich etwas dazu beigetragen habe.

Sicher, in meinem Leben habe ich die eine oder andere Krise durchlebt, was aber weniger mit dem Weltgeschehen zu tun hatte, als einfach mit Schicksalsschlägen, die einem im Leben widerfahren und mit denen man eben leben muss.

Ich war sogar schon arbeitslos, wofür ich jedoch niemanden sie Schuld geben kann. Ganz im Gegenteil bin ich sehr dankbar, hier zu leben, denn der Staat fing mich auf und ließ mich einen Neuanfang wagen.

Aus dieser persönlichen Krise ist etwas großartiges erwachsen. Daher kann ich an Veränderungen einfach nichts Schlechtes finden. Es ist eine Chance, die jeder von uns wahrnehmen sollte.

Am Ende zählt doch, was wir daraus machen. Wir können uns jammernd und heulend in eine Ecke legen und allen anderen die Schuld geben. Oder aber, wir sehen positiv in die Zukunft, warten gespannt ab, was Leben an tollen Herausforderungen für uns bereit hält.

Mit einer Prise Demut, wie verdammt gut es uns angesichts des echten Elends, dass es auf der Welt gibt, doch geht.